Michel
Foucaults Die Ordnung der Dinge (1966) untersucht den Wandel
im „Unbewußten der Wissenschaft“ und die Transformationen
der systematischen Regelmäßigkeiten in den Praktiken des
wissenschaftlichen Diskurses. Foucaults „archäologische“
Wissenschaftsgeschichte analysiert diese Veränderungen und geht
dabei von zwei großen Diskontinuitäten aus: 1. der Übergang
von der Renaissance zum „klassischen Zeitalter“ (17./
18. Jahrhundert), 2. der diskursive Einschnitt zur modernen Epoche
(19. Jahrhundert). Diese Transformationen markieren für Foucault
keinesfalls große Fortschritte der Vernunft, sondern zeigen
an, „daß die Seinsweise und die Ordnung grundlegend verändert
worden ist“. Seine Analyse beschreibt vor allem die Umbrüche
in den Denkbereichen der Sprache (allgemeine Grammatik/Linguistik),
des Geldes (Analyse der Reichtümer/Ökonomie) und des Lebens
(Naturgeschichte/Biologie). Nach Foucault bestimmt die Möglichkeit
dessen, was zu einem bestimmten Zeitpunkt als sagbar gilt, den Diskursinhalt.
Für ihn ist Wissen also nicht das Ergebnis von rationalen Denkprozessen,
sondern vielmehr das Resultat von zufälligen „Entdeckungen“
und politisch durchgesetzten Machtpositionen innerhalb von diskursiven
Strukturen.
In der Renaissance war das Denken aus Foucaults Sicht noch von Ähnlichkeiten
und Verwandtschaften unter den Dingen gekennzeichnet, im klassischen
Zeitalter ändert sich diese Episteme, denn nun geht
es „nicht mehr um die Frage der Ähnlichkeiten, sondern
um die der Identitäten und der Unterschiede“. Mit dem Ende
der Repräsentation, mit dieser Transformation, die sich im Übergang
von der Klassik hin zur Moderne vollzieht, taucht nach Michel Foucault
eine neue epistemologisch Denkfigur auf: der Mensch. Stand noch in
der Klassik eine diskursive Formation im Zentrum des Denkens, welche
in Form der Repräsentation die wechselseitige Entsprechung der
Dinge und des Denkens, der Natur und der menschlichen Natur entfaltete,
so tritt nun der Mensch (und damit die Humanwissenschaften) an diesen
Platz.
Foucaults These vom „Tod des Menschen“ trug später
zu einer sehr kritischen und kontroversen Rezeption bei. Er kündigt
in seinem berühmten Schlußsatz der Ordnung der Dinge
ein Ereignis an, welches die Grundlage für ein Denken ohne den
Menschen sein soll. Foucault nimmt an, daß, wie zur Wende vom
achtzehnten zum neunzehnten Jahrhundert als die Geschichte der Ähnlichkeiten
und des Gleichen durch die der Repräsentation abgelöst wurde,
nun auch ,„der Mensch verschwindet wie am Meeresufer ein Gesicht
im Sand“. Für Foucault ist der Mensch nichts anderes als
eine bestimmte diskursive Formation in der wissenschaftlichen Ordnung,
die gegenwärtig wieder verschwinden muß, da sie bloß
ein Element in einem dem Subjekt immer vorausgehenden Regelzusammenhang
ist. Das Subjekt kann nicht mehr – wie in der Philosophie der
Neuzeit – Ursprung aller Erkenntnis und Wahrheit sein. Michel
Foucault beschreibt hier (und auch in seinen späteren Werken)
die Geschichte des Menschen als eine Geschichte, in deren Machtstrukturen
es darum geht, ihn zu formen, zu erfassen und zu klassifizieren.
Mar-Christian
Jäger